Page 10 - DRW Gemeinsam - 04/2021
P. 10
„Ein Buch mit Werkstatt-
gebärden hat es bisher im
DRW noch nicht gegeben“
Ein Interview mit Brigitte Lang, Leiterin des Förder-
zentrums Hören, zur Herausgabe des neuen Bandes
„Ursberger Gebärden“ für Werk- und Förderstätten
Wie glücklich sind Sie, dass Wer hat daran mitgewirkt?
der 3. Band der Ursberger Brigitte Lang: Wir haben ihn
Gebärden nun fertig ist? als Team aus den unter-
Brigitte Lang: Auf einer Ska- schiedlichen fachlichen Be-
la von null bis zehn: eine reichen unserer Werkstätten,
Zehn! Es war für alle Betei- aus unseren Wohnbereichen
ligten sehr viel Arbeit und und mit Expertinnen in Ge- hat. Ich war zuständig für die Brigitte Lang: Da sich auch
hat viel Freizeit gekostet. bärdensprache zusammen- Auswahl und die Beschrei- die Arbeitswelt von Men-
Aber nun ist es geschafft. gestellt, die gemeinsam ihre bung der Gebärden. schen mit Behinderung
Wie lange hat es gedauert, den Erfahrungen und Kompeten- Warum ist Ihnen die Fachlich- ständig weiterentwickelt und
Band zusammenzustellen? zen in diesem Band zusam- keit so vieler Kolleginnen aus verändert, müssen sich auch
Brigitte Lang: Wir haben ca. mengetragen haben. Mit unterschiedlichen DRW-Be- deren Kommunikationsmög-
drei Jahre daran gearbeitet. dabei waren Maria Miller reichen so wichtig? lichkeiten anpassen. Die
vom WfbM-Fachdienst, An- Brigitte Lang: Jede Person Grundlage für das Buch wa-
So sind die Ursberger drea Fissahn von der Ein- aus den verschiedenen Be- ren drei DVDs mit verein-
Gebärden entstanden richtung für hörgeschädigte reichen bringt eine be- fachten Gebärden für mehr-
Schon bei der Gründung Menschen St. Antonius in stimmte Sicht auf die Dinge fachbehinderte gehörlose
Menschen aus dem Jahr
Ursberg und Fachdienst für
der „Taubstummenschule“ Gebärden und Kommunikati- aus ihrer Tätigkeit mit ein. 1998. Seither sind Begriffe
von Ursberg im Jahre 1896 on, Brigitte Däxle, Einrich- Aus der Vielfalt das Wichtige verschwunden, andere hin-
haben die Schwestern der tungsleitung von St. Bonifa- und für möglichst viele auch zugekommen. Ein Buch mit
St. Josefskongregation, die tius und zuständig für die das Richtige heraus zu fil- gängigen Werkstattgebärden
die mehrfachbehinderten Betreuten Wohngruppen in tern, gelingt nur, wenn mög- hat es bisher im DRW noch
Menschen unterrichteten, Krumbach und Neuburg/ lichst viele Bedürfnisse be- nicht gegeben. Der Wunsch
gemerkt, dass ohne Gebär- Kammel sowie für das inklu- kannt sind. nach einem solchen Buch
densprache, also nur über sive Café Nimm Platz in Der Band geht vor allem kam aus den Werk- und För-
die Lautsprache und dem Krumbach und Marlies Sie- auf die Kommunikation derstätten. Das Buch soll
damit verbundenen Lippen- ber, die gemeinsam mit In- mit gehörlosen Menschen eine Hilfe für eine einheitli-
ablesen, viel zu wenige grid Steinle die Gestaltung in den Werkstätten ein. che Kommunikation sein zur
Informationen an die Schü- des Buches übernommen Gibt es neue Inhalte? Unterstützung der Menschen
ler weitergegeben werden an den Arbeitsstätten.
konnten. Statt gefördert
wurden die Schüler ohne In der Fachwelt ist ja die
Gebärden an ihrer kogniti- Anwendung der Ursberger
ven Entwicklung regelrecht Gebärdensprache oder der
gehindert. So entwickelten Deutschen Gebärden Spra-
die Schwestern eigene Ge- che (DGS) fast schon eine
bärdenzeichen, angepasst Glaubensfrage. Warum hal-
an hörgeschädigte Men- ten Sie an den Ursberger
schen mit geistiger Behin- Gebärden fest?
derung und benutzten die- Brigitte Lang: Es sollte keine
se für den Unterricht. Sie Glaubensfrage, sondern ein
stellten fest, dass der Er- Miteinander zum Wohle des
werb dieser einfachen Ge- Betreuten sein. Im Übrigen
bärdensprache das Verste- streben wir ein zunehmen-
hen und Lernen förderte des Zusammenwachsen von
und den Lautspracherwerb Ursberger Gebärdensprache
unterstützte. und DGS an. Ich bin von der
Wichtigkeit dieser einfachen
10