Page 7 - DRW Gemeinsam - 10/2021
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Meine Meinung
Hier wird „Jeder Mensch ist kostbar“ mit Leben gefüllt
Erzählt man im näheren Bekannten- und Coolness leichter. Und erst Stunden später, nach
Kollegenkreis, für eine kleine Recherche Begegnungen mit exzentrischen Bewohnern und
die Einrichtung St. Peter und Paul in Urs- bizarren Verhaltensweisen in kargen Zimmern
berg besuchen zu wollen, könnten die weicht die Beklemmung. Da erst kommt zu Be-
Reaktionen nicht eindeutiger sein: be- wusstsein, was man in der Anspannung völlig
deutungsschwere Seufzer, skeptische übersehen hat: Da arbeiten Menschen. Täglich.
Blicke oft verbunden mit der Frage, ob Menschen, die es auf sich nehmen, diesen wun-
man sich das wirklich antun wolle. „Da derlichen Bewohnern einen lebenswerten Alltag
sind doch die ganz schweren Fälle“, wis- zu gestalten. Pflegekräfte und Heilerziehungspfle-
sen die einen. „Pass auf, dass die dich ger, die mit viel Geduld und Ausdauer ihren
nicht vermöbeln“, warnen fürsorglich die Schutzbefohlenen das Beißen, Kratzen, Spucken
anderen. Der Einrichtung St. Peter und Paul eilt ein Ruf abtrainieren. Sie vor ihrem selbstgefährdenden Tun be-
voraus, der es einem nicht einfach macht, unvoreinge- wahren und sich dabei mitunter selbst in Gefahr bege-
nommen zu bleiben. Es wird auch nicht besser, wenn man ben. Die mit kreativem Erfindergeist Ersatzhandlungen
das Gelände mit den eingeschossigen Häusern betritt. Vor finden. Menschen, die Fähigkeiten haben, die ihnen keine
jeder Terrassentür ein kleines, käfigartiges Freigelände. Ausbildung mitgeben kann: eine Körpersprache zu deu-
Rütteln hier die Bewohner an den Gittern, wenn sie denn ten, Zeichen zu lesen und zu bemerken, wann ihrem
mal raus dürfen? Drinnen jedenfalls scheint alles nur mit mental so labilen Klienten die alltäglichen Außenreize zu
Schlüsseln zu funktionieren. Die einzelnen Häuser sind viel werden und ihm dann rechtzeitig einen geschützten
mit Verbindungsgängen aneinandergefügt und jeder Gang Raum zu bieten. Und nicht zuletzt, diesen Menschen ein
ist mit einer Sicherheitstür vom nächsten Wohnbereich hohes Maß an Sympathie und Wertschätzung entgegen-
getrennt. Aufschließen, durchgehen, zuschließen, weiter- zubringen. „Jeder Mensch ist kostbar“. Dieser Satz liest
gehen. Gefühlt alle paar Meter. Munteres Begrüßungsge- sich so schön. Der ist so leicht und schnell auf Papier
plauder mit der Leiterin der Wohngruppe überdeckt nur gedruckt. Mit Leben gefüllt wird er tagtäglich von Men-
sehr oberflächlich die eigene Beklemmung. Diese wächst schen, die die Bereitschaft haben, dieses Menschsein
weiter unter den Blicken der hier Eingeschlossenen. Bli- auch denjenigen zu ermöglichen, die so wenig in der
cke, die viel zu nah gehen; eine Grenzüberschreitung, vor Lage sind, selbst dafür zu sorgen. Da erst zeigt sich, wie
der man zurückweichen will. Gottlob ist immer ein Pfleger kostbar wir einander sind.
in unmittelbarer Nähe. Da fällt die zur Schau gestellte Petra Nelhübel
Das bietet die Jubiläums-Internetseite
n Wichtige Ereignisse aus 25 Jahren Stiftung
n Alle prominenten Gratulanten zum Durchklicken
n Das große Video-Interview mit der
Stiftungsgründerin Sr. Evangelista Höfer
n Schwerpunktseiten zu den
Jubiläums-Veranstaltungen
Reinschauen lohnt sich:
www.25jahrestiftung.drw.de
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