Page 6 - DRW Gemeinsam - 10/2021
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Thema
Außerdem neigt er zu gezielten Spuckattacken, die er mitt-
lerweile aber unter der geduldigen Anleitung von Wolfgang
Allstätter auf ein Minimum reduziert hat. Wolfgang Allstät-
ter war früher Metallbauer, bevor er hier auf der Wohn-
gruppe sein Talent entdeckte, mit diesem so speziellen
Klientel arbeiten zu können.
St. Peter in Ursberg: Sicheres Zuhause für Originale
Von Helden und Teamplayern
Denn eines ist dem außenstehenden Beobachter auch
schon nach kurzer Zeit klar: Die Mitarbeiter von St. Peter
und Paul schaffen hier die Quadratur des Kreises. Sie müs-
sen ihre Schützlinge sowohl einfühlsam und empathisch
begleiten, als auch entschieden und bestimmt die Rich- Starkes Team: Marion Späth und Wolfgang Allstätter
tung vorgeben und Sicherheit vermitteln. Sie müssen Ruhe sind dabei, ihn mit viel Geduld und einer festen Struktur
ausstrahlen, gerade in kritischen Situationen. Sie müssen wieder zu stabilisieren und ihn so langsam in den Gruppen-
entschieden und selbstständig handeln und trotzdem ab- alltag zu integrieren.“
solute Teamplayer sein. Ist das schon der Stoff, aus dem
Helden gestrickt sind? Sowohl Marion Späth als auch Lachendes und weinendes Auge
Wolfgang Allstätter widersprechen energisch. „Helden kön- Eine Integration, die bei Willi, einem anderen Bewohner, so
nen wir hier nicht gebrauchen“, sagt Marion Späth. „Nur gut gelungen ist, dass er demnächst die Gruppe verlassen
ein Team, bei dem jeder Einzelne in der Lage ist, gemein- und sogar eine Beschäftigung in der Förderstätte aufneh-
same Ziele und Vereinbarungen mitzutra- men kann. „Das wird ein Abschied mit
gen, hilft unseren Bewohnern Stabilität und Ein Zeichen, einem lachenden und einem weinenden
Sicherheit zu entwickeln.“ Wie schnell so dass sich die Auge“, sagt Marion Späth. „Aber jeder
eine Entwicklung auch wieder verloren ge- Abschied ist auch eine Geschichte der
hen kann, erläutert Marion Späth anhand Arbeit lohnt. Hoffnung und ein Zeichen, dass sich un-
jenes Klienten, der von drei Mitarbeitern sere Arbeit gelohnt hat.“ Auf dem Flur zur
begleitet, einen Arzttermin wahrnehmen musste, dort die Küche verabschieden wir uns. Werner wartet bereits auf
Kontrolle über sich verlor und Marion Späth bei seinen sein Frühstück. Und wer weiß, vielleicht kann auch er ei-
Abwehrreaktionen verletzte. Vier Wochen war sie im Kran- nes Tages Abweichungen auf seinem Frühstückstisch ak-
kenstand. Als sie wieder zur Arbeit kam, konnte sie das zeptieren. Bis dahin bleibt es bei drei blauen Bechern,
Zimmer des Bewohners, zu dem sie davor ein besonderes einem weißen Teller und dem grünen Besteck.
Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte, nicht mehr betreten. Petra Nelhübel
Niemand kann das seither. Der Bewohner wird in seinem
Zimmer über eine Luke versorgt. „Schon kleinste Abwei- Die Namen der Bewohnerinnen und Bewohner wurden geändert.
chungen in seiner Routine während meiner Abwesenheit
haben dazu geführt, dass der Bewohner mit massivem
Abwehrverhalten auf jede Annäherung reagiert. Aber wir
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