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           Theo Waigel
           zu Besuch in Ursberg


           Die Ursberger Fugel-Ausstellung
           lässt in Theo Waigel die eigene Kindheit
           lebendig werden

           Die Ausstellung des religiösen Künstlers Gebhard Fugel
           (1863-1939) in der Alten Ökonomie des Dominikus-Ringei-
           sen-Werks am Josefsplatz in Ursberg: Als Beitrag zum   Theo Waigel (2. v.r.) ist Schirmherr der Fugel-Ausstellung
           25-jährigen Stiftungsjubiläum des Dominikus-Ringeisen-  in Ursberg. Auf dem Foto außerdem (v.l.n.r.): Peter Betscher
           Werks hat der Religionspädagogische Fachdienst des DRW   (DRW), Bürgermeister Peter Walburger, Kaplan Anum Terfa
           die Schau zusammengetragen. Im September gab es einen   Malachy, Geistlicher Direktor Walter Merkt, Kurator Martin
           kleinen Festakt mit dem Schirmherrn Dr. Theo Waigel. Wai-  Dietmaier-Koch sowie Martin Riss, stellvertretender Geistli-
           gel gab in seinem Grußwort einen tiefen persönlichen Ein-  cher Direktor
           blick darin, welche Emotionen die Bilder bei ihm auslösen.
           Fugel,  der u.a. das Jerusalem-Panorama in Altötting schuf,   drohend, sondern im Gegenteil inmitten der Menschen
           malte biblische Szenen, die als Schulwandbilder im Religi-  und ihres Alltags ist. In ihrer einfachen Bildsprache bräch-
           onsunterricht Verwendung fanden, darunter alttestament-  ten die Bilder die Botschaft, dass jeder bedingungslos bei
           liche Inhalte, vor allem aber das Leben von Jesus Christus   Jesus Christus angenommen sei, so Waigel.
           von seiner Geburt bis zu seiner Auferstehung. Eingesetzt   Nie be- oder verurteilt
           wurden Schulwandbilder bis zur Mitte des 20. Jahrhun-
           derts zudem im Geografie- und im Naturkundeunterricht.   Diese Theologie habe er später bei dem von ihm tief ver-
           Fugel hatte einen starken persönlichen Bezug zu Ursberg,   ehrten Freund und Religionsphilosophen Eugen Biser wie-
           dessen ehemalige 1934 ausgebrannte Kapelle St. Maria er   dergefunden, der sein Werk „Der inwendige Lehrer“ Waigel
           ausmalte. Außerdem wohnte seine Enkelin hier, die er re-  widmete. Auch die Texte des in Ursberg geborenen Theolo-
           gelmäßig besuchte. Schließlich war da noch Schwester   gen und Religionswissenschaftlers Joseph Bernhart hätten
           Bernarda von der St. Josefskongregation, die er persönlich   ihn auf seinem Lebens- und Glaubensweg tief geprägt, so
           in der Malerei ausbildete.                             Waigel. Angenehm in Erinnerung seien ihm zudem die
                                                                  Schwestern der St. Josefskongregation Ursberg, von denen
           Fugel verschaffte Abwechslung                          er bei sehr schwierigen persönlichen Lebensentscheidun-
           Der aus Oberrohr stammende Bub Theo Waigel lernte die   gen nie Worte der Be- oder gar der Verurteilung gehört
           Bilder Fugels im Religionsunterricht der Volksschule ken-  habe. Die St. Josefskongregation hatte nach über 100 Jah-
           nen. Die positive Erinnerung daran speiste sich für ihn   ren der Leitung das Dominikus-Ringeisen-Werk vor 25 Jah-
           jedoch zunächst nicht aus ihrer biblischen Botschaft. Viel-  ren in eine kirchliche Stiftung überführt.
           mehr durfte er – wie er in seinem Grußwort erzählte – ge-  Martin Dietmaier-Koch, Kurator der Ausstellung, führte
           meinsam mit Schulkameraden die Wandbilder zum Unter-   anschließend in die Wirkungsgeschichte der Kunst von
           richt über den Pfarrhof zur Schule tragen – für ihn ein paar   Gebhard Fugel ein und berichtete von seiner spannenden
           Minuten willkommener Abwechslung von der „grauen Ein-  Suche nach Exponaten auf den Spuren Fugels, die ihn
           seitigkeit“ seiner Schultage, deren Pädagogik geprägt ge-  durch allerlei Kellergewölbe, Archive und Speicher in Urs-
           wesen sei von einer „Religion der Angst“  und einer falsch   berg führte. „Gebhard Fugel gehört zu den wichtigen Er-
           verstandenen Gottesfurcht.                             neuerern einer christlichen Kunst in der Zeit um 1900 und

           Auf der anderen Seite sieht Waigel – langjähriger Bundes-  es lohnt sich eine eingehende Betrachtung und Wieder-
           politiker, weitgereister Finanzminister und Ehrenvorsitzen-  entdeckung“, sagte Dietmaier-Koch.
           der der CSU – in den Bildern Fugels den Beginn seiner
           Emanzipation von einem strengen religiösen Zeitgeist, wie   Alle Informationen zur
           ihm in der Rückschau klar geworden sei. Denn die Bilder   Ausstellung gibt es hier:
           Fugels stellten einen anderen Jesus dar als den Gott, der   www.drw.de/fugel
           ihm lange gepredigt worden sei. Einen „unbedingt lieben-
           den Gott“, Christus als Menschenfreund, der nicht fern und



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