Page 14 - DRW Gemeinsam - 10/2020
P. 14
Nachrichten
Update „Bundesteilhabegesetz“:
Wo wir stehen – wo wir hinwollen
Das 2017 verabschiedete Bundesteilhabegesetz (BTHG) möchte Menschen mit Behinderung
mehr Teilhabe und Mitbestimmung ermöglichen. Wie aber hat es sich in der Praxis angelas-
sen? Ein Zwischenbericht und Ausblick von Karl Böck, Leiter des Referats
„Klientenbezogene Verwaltung“ im Dominikus-Ringeisen-Werk
Was ist das Ziel des Gesetzes? Fachleistungen: Zur Fachleistung zählen die erbrachten
Dienstleistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Die Bundesregierung hatte den Auftrag, die Behinderten- den Wohngruppen. Die Kosten hierfür werden durch die
rechtskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr Kostenträger der Eingliederungshilfe getragen. Das sind in
2009 umzusetzen. Im Koalitionsvertrag 2013 wurde festge- Bayern die Regierungsbezirke.
legt, ein „Modernes Teilhaberecht ohne neue Ausgabendy-
namik“ zu verabschieden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Miet- und Lebenshaltungskosten: Die Rechnungen für die-
selbstbestimmte Teilhabe und die Mitbestimmung bzw. die se Kosten beinhalten den Aufwand für Unterkunft und
Mitgestaltung von Menschen mit Behinderung bei allen Verpflegung im gemeinschaftlichen Wohnen und werden
Fragen rund um Dienstleistungsangebote für diesen Perso- seit Anfang dieses Jahres direkt an die Klientinnen und
nenkreis. Im Jahre 2017 wurde das Bundesteilhabegesetz Klienten gestellt. Diese begleichen sie aus ihnen evtl. zu-
schließlich vom Deutschen Bundestag verabschiedet. stehenden Renten, aus einem Werkstattlohn oder – wenn
derartige Beträge nicht zur Verfügung stehen bzw. nicht
Zeit bis Ende 2022, sich in Bayern ausreichen – aus der Grundsicherung. Die Grundsicherung
auf das Gesetz einzustellen wird beim Sozialhilfeträger beantragt und umfasst Berei-
che wie Ernährung, persönliche Bedürfnisse und den Auf-
In der ersten Stufe des Gesetzes wurde ab 1. Januar 2017 wand für Unterkunft und Heizung.
die Vermögensfreigrenze für Menschen, die Grundsiche-
rung beziehen, auf 5.000 Euro erhöht. Ferner wurde das Die Aufteilung der entsprechenden monatlichen Kosten
Arbeitsfördergeld für WfbM-Beschäftigte von 26 auf 52 wurde in einem Nachtrag zum Wohn- und Betreuungsver-
Euro angehoben. In der zweiten Stufe ab 1. Januar 2018 trag zwischen dem Dominikus-Ringeisen-Werk und den
wurde eine einjährige bundesweite Übergangszeit verein- Klientinnen und Klienten in Abstimmung mit dem Bezirk
bart. Diese wurde in Bayern bis zum 31.12.2022 verlängert. Schwaben geregelt. Somit ist sichergestellt, dass einerseits
Der Zwischenschritt ermöglicht es sowohl Kostenträgern Träger wie das Dominikus-Ringeisen-Werk das ihnen zu-
und Trägern von Einrichtungen aber auch Menschen mit stehende Entgelt in der Höhe wie vor der Gesetzesände-
Behinderung und deren gesetzlichen Betreuern, sich auf rung bekommen und andererseits unseren Bewohnerin-
das neue Gesetz einzustellen, damit es ab 2023 voll umge- nen und Bewohnern mindestens wieder der Barbetrag und
setzt werden kann. die Bekleidungspauschale zur freien Verfügung stehen.
Wie werden die Kosten abgerechnet? Wie werden die gesetzlichen
Das, was insbesondere unsere Klientinnen und Klienten Änderungen umgesetzt?
und deren gesetzliche Betreuer am meisten betroffen hat, Die Zuordnung der Kosten auf die Bereiche Eingliede-
ist die neue Art, wie die unterschiedlichen Leistungen der rungshilfe und Sozialhilfe war sehr komplex und arbeits-
Behindertenhilfe finanziert werden. Zum einen waren sie aufwändig. Für viele gesetzliche Betreuer war es eine gro-
früher in diese Zahlungsströme nicht eingebunden, die ße Herausforderung, die Vielzahl von Informationen zum
stattdessen zwischen „Kostenträgern“ wie den bayerischen Bundesteilhabegesetz aufzunehmen und die von allen
Bezirken und „Leistungsträgern“ wie dem Dominikus-Ring- Seiten eingehenden Schreiben zu diesem Thema zu be-
eisen-Werk abgewickelt wurden. Zum anderen ist es ab rücksichtigen.
dem 1. Januar 2020 erforderlich, die erbrachten Leistungen
in zwei Rechnungen aufzuteilen: in Kosten für Fachleistun-
gen und in Kosten für Miete und Lebenshaltung.
14