Page 16 - DRW Gemeinsam - 10/2020
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sagt Anna Mönich. Und beide sind
„Warum auch ein bisschen stolz auf das, was
sie in der kurzen Zeit schon erreicht
tust du dir haben und zusammen mit ihren
Teams noch anstoßen können. Bei-
das an?“ de haben sich trotz weiter Fahrt-
strecke bewusst für Pfaffenhausen
entschieden, einem im Vergleich zu
Die Leitung einer Wohngruppe Ursberg eher überschaubaren DRW-
ist nicht jedermanns Ding: Standort. „Hier ist es eher heimelig,
Viel Stress, viel Organisation man bekommt überall die Unter-
und nicht wirklich mehr Geld. stützung, die man benötigt und die
Warum Anna Mönich und Rückendeckung, die man in dieser
Lorenz Hofmeister in Pfaffen- Rolle braucht“, gibt Lorenz Hofmei-
ster zu Protokoll. Auch die Speziali-
hausen ihre Entscheidung Anna Mönich und Lorenz Hofmeister sierung auf Menschen mit Blindheit
trotzdem nicht bereuen übernehmen Verantwortung und Sehschädigung sowie die gute
Im Dominikus-Ringeisen-Werk-Unterallgäu am Standort Infrastruktur der Marktgemeinde Pfaffenhausen erleben
Pfaffenhausen haben vier junge Kolleginnen und Kollegen beide als gute Rahmenbedingungen ihres Dienstortes.
vor einigen Monaten die Leitung einer Wohngruppe über- Ohne Team geht es nicht
nommen. Zwei von ihnen sind Anna Mönich (29) und Lo-
renz Hofmeister (26). Denn eines ist ihnen klar: Eine Gruppenleitung kann noch
Anna Mönich hat bereits ihr Berufspraktikum in Pfaffen- so versiert sein. Ohne ein gutes Team und eine fähige
Stellvertretung kann sie jedoch nicht erfolgreich arbeiten.
hausen absolviert. 2014 hatte die junge Erzieherin die Anna Mönich und Lorenz Hofmeister spüren in der neuen
stellvertretende Gruppenleitung einer Wohngruppe über- Rolle einen deutlich höheren Verantwortungsdruck – für
nommen. Seit März 2020 leitet sie diese nun. Lorenz Hof- die anvertrauten Menschen mit Behinderung, die Kollegin-
meister ist gelernter Hotelfachmann und hat in diesem nen und Kollegen und das Gelingen der organisatorischen
Beruf sogar zwei Jahre gearbeitet. Sein Weg hat ihn auf der Aufgaben. „Es ist nicht immer einfach, abzuschalten, die
Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive über ein Rückkehr in die Gruppe nach freien Tagen fällt oft ein we-
Schnupperpraktikum nach Pfaffenhausen geführt. Die an- nig schwer, weil man weiß, dass ein Berg an Arbeit wartet.“
schließende Ausbildung zum Heilerziehungspfleger Dankbar sind beide für ihre Teams, den fachlichen Aus-
schloss er im Juli 2019 erfolgreich ab und ist nun ebenfalls tausch in der Gruppe bei vielen Alltagsfragen und dass
Gruppenleiter einer Wohngruppe. Für beide hat das Domi- Mitarbeitende ihnen oft den Rücken freihalten für Aufga-
nikus-Ringeisen-Werk schon familiäre Tradition, denn so- ben, die sie besonders fordern – wie z.B. die Dienstpläne.
wohl Familienangehörige von Anna Mönich als auch von Und deshalb geben sie auch etwas zurück: „Wir stehen
Lorenz Hofmeister arbeiten bereits in DRW-Einrichtungen.
hinter unseren Kollegen und dem, was sie tun, auch dann,
„Ein mutiger Schritt“ wenn mal Fehler passieren“, sagt Lorenz Hofmeister.
Am Anfang standen zahlreiche Glückwünsche von Kollegen Ein stetiges Übungsfeld
und Betreuern sowie Angehörigen, große Neugier und Of-
fenheit der Teams ihrer neuen Leitung gegenüber genauso Allem und jedem gerecht zu werden sei ohnehin nicht ein-
wie die vielen Gratulationen der Klienten. Aber ebenso gab fach, räumen beide Einsteiger in die Leitungsposition ein.
es realistisches Feedback langjähriger Kolleginnen und Und sie wissen, dass sie noch Zeit benötigen, Erfahrungen
Kollegen, was ihre Entscheidung betraf. Sie bezogen sich zu sammeln und ihre eigenen Prioritäten zu setzen. Gerade
vor allem auf das hohe Maß an Verantwortung, das eine den vielen bürokratischen Anforderungen und den beiden
Gruppenleitung mit sich bringt. Mutig fanden den Schritt Rollen als Kollegen und gleichzeitig als Vorgesetzte gegen-
Familie und Freunde, auch wenn mancher von ihnen kri- über stehen beide mit gebührendem Respekt, aber auch
tisch fragte: „Warum tust du dir das an?“ dem nötigen Maß an Selbstbewusstsein, Mut, Offenheit und
Kompromissbereitschaft gegenüber. Sie wollen das, was sie
Gestalten können, Führungsstil prägen tun, gut machen und Motivator für ihre Teams sein – trotz
Finanzielle Anreize jedenfalls waren es nicht, die diese Ent- personeller Engpässe, die es auf beiden Gruppen immer
scheidung befeuert haben. „Eine neue Herausforderung wieder geben wird. Hier eine gute Balance zwischen den
annehmen, gestalten können, erleben, dass Dinge, die man Bedürfnissen der Klienten und Kolleginnen und Kollegen
mit Mut und dem eigenen Führungsstil angestoßen hat, sowie ihrer eigenen Gesundheit zu finden, wird für beide ein
letztendlich Früchte tragen – das ist Motivation für mich“, wichtiges Anliegen und stetiges Übungsfeld bleiben.
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